Das Lipödem

Das Lipödem ist schon seit vorchristlicher Zeit bekannt. 1940 erschien die erste wissenschaftliche Publikation zu diesem Thema, seither wird dem Lipödem im Rahmen des “dicken Beines” zunehmend Bedeutung geschenkt. Erst in den letzten Jahren wurden eindeutige Begriffsdefinitionen geschaffen, die das Lipödem als solches ausweisen und nicht mit einer Venenschwäche oder einer Lymphstauung verwechseln.

Definition

Unter Lipödem versteht man eine übermässige Fettansammlung unter der Haut. Ein Lipödem findet sich besonders häufig an den Unterschenkeln, aber auch an den Armen, Oberschenkeln und dem Gesäss. Es tritt unabhängig vom Körpergewicht auf, wobei die Ausprägung bei Übergewicht oftmals wesentlich deutlicher ist.

Zum Krankheitsbild gehören Wassereinlagerungen (Ödeme), die sich vor allem im Verlauf des Tages bei überwiegend stehender oder sitzender Tätigkeit bilden.

Diese Wassereinlagerungen führen zu Schwellungszuständen, die mit Spannungs-, Druck-, und Berührungsschmerzen einhergehen können. Diese Symptomatik ist nachts im Liegen meist reversibel und bis zum Morgen verschwunden. Trotzdem ist das Lipödem progredient, das heisst, es nimmt im Laufe der Zeit langsam, aber stetig zu. Eine Selbstheilung gibt es nicht. Neben der Berührungsempfindlichkeit im Bereich der befallenen Zonen fällt oftmals eine Neigung zur spontanen Bildung blauer Flecken auf. Die Ursache liegt in einer Zerreisslichkeit der kleinsten Kapillaren.

Bei starker Ausprägung des Lipödems im Unterschenkelbereich kann sich im Laufe der Zeit sogar eine zusätzliche Lymphschwellung einstellen. Typische Anzeichen für ein Lipödem ist die symmetrische Fettverteilungsstörung einhergehend mit Schwellung und Schmerzen. Sie ist diätresistent und lässt sich auch durch keinen Sport formen.

Die Ursache des Lipödems ist nach wie vor nicht geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine genetische Disposition nebst einer Störung der feinsten Blutkapillaren (Mikroangiopathie) des betroffenen Fettgewebes mit erhöhter Durchlässigkeit und Zerreisslichkeit. Da die Erkrankung fast ausschliesslich bei Frauen auftritt, werden hormonelle Ursachen vermutet.

Auftreten

Lipödeme treten fast ausschliesslich bei Frauen auf. Sie sind charakterisiert durch eine symmetrische Fettgewebevermehrung mit ödembedingten Spannungs- und Schweregefühlen an den Ober- und Unterschenkeln, aber auch an den Armen. Man spricht von einer Lipalgie. Zusätzlich besteht eine ausgeprägte Berührungs- und Druckschmerzhaftigkeit sowie eine auffallende Neigung zu Blutergüssen nach kleinsten Traumata. Nicht selten fühlt sich die Haut an einzelnen Stellen sehr kühl an.

Die Erkrankung besteht lebenslang, erste Symptome treten oft in der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft auf.

Erscheinungsbild

Die Fettpolster treten beim Lipödem immer symmetrisch auf. Typisch sind Fettansammlungen im Unterschenkelbereich, die im Knöchelbereich des Sprunggelenkes aufhören. Der Fuss ist frei von Unterhautfettgewebe und Ödemen. Typische weitere Lokalisationen sind Reiterhosen sowie Fettansammlungen im Bereich der Innen-, Vorder-, und Aussenseite des Oberschenkels bis hin zum Knie. Nicht selten treten Lipödeme auch an den Armen auf.

Die sogenannte “Fussballerwade” ist ein bekanntes ästhetisches Problem, das vor allem bei asiatischen Frauen ein häufiger Grund für einen Eingriff ist. Neue, innovative Behandlungsmethoden kommen deshalb häufig aus dem asiatischen Raum. Alternativ oder ergänzend zur Fettabsaugung ist es möglich, mit neuen Methoden den Muskel zu verkleinern. Durch einen kleinen operativen Eingriff kann Muskelgewebe gezielt entfernt werden. Eine andere Möglichkeit der Muskelverkleinerung besteht in der Unterbrechung des Nerves, der den Wadenmuskel innerviert, also betreut. Als Folge schrumpft der Muskel. Selbstverständlich wird immer ausreichend Muskelmaterial erhalten, damit normales Laufen möglich bleibt. Auch das Betreiben von Sport wird hierdurch nicht eingeschränkt. Als weiteres einfaches Verfahren ist es auch möglich, den Muskel durch den Einsatz eines Medikamentes kleiner zu formen.

Beschwerden

Oftmals klagen Patienten mit einem Lipödem über dumpfe Schwellungsbeschwerden, Berührungs- und Druckempfindlichkeit sowie auch Schweregefühle in den Beinen. Das Lipödem kann eine derartige Schmerzempfindlichkeit verursachen, dass bereits jede leichte Berührung wie das Tragen von Strümpfen oder das Anziehen eines Rockes zu sehr unangenehmen Schmerzen führen kann. Typischerweise finden sich auch sehr häufig Besenreiservenen an den Seiten der Beine, und die Patienten berichten über eine starke Neigung zur Bildung von Blutergüssen.

Lipödeme führen nicht selten aufgrund des unästhetischen Erscheinungsbildes und der Beschwerden zu psychovegetativen Störungen bis hin zu Depressionen oder Neurosen.

Bleibt ein Lipödem der Unterschenkel unbehandelt, tritt ca. 20 Jahre später meist auch eine Stauung der Lymphe auf.

Lipödeme werden je nach Schweregrad in Stadien eingeteilt:

Stadium 1: Orangenhaut, feinknotige Hautoberfläche
Stadium 2: Matratzenhaut, grobknotige Hautoberfläche mit grösseren Dellen
Stadium 3: grobe, deformierende Fettlappen

Diagnostik

Die Diagnose eines Lipödems besteht aus dem klinischen Blick des geschulten Arztes.

Nicht jede Schwellung deutet auf ein Lipödem hin. Eine Venenschwäche beispielsweise kann durch einen venösen Stau die Schwellung verstärken. Auch eine Abflussbehinderung von Lymphflüssigkeit (Lymphödem) kann einem Lipödem sehr ähnlich sehen oder ein solches verstärken. Weiterführende Abklärungen wie Duplex-Ultraschall, Venendruckmessung, Computertomogramm etc. können die diagnostischen Möglichkeiten unterstützen, sind häufig aber nicht nötig.

Das Lipödem ist leider auch heute noch eine Erkrankung, unter der sehr viele Patienten leiden und die im täglichen medizinischen Alltag häufig missgedeutet wird. Hierdurch werden oftmals ineffiziente Behandlungsmöglichkeiten angewandt, die durch ihre Erfolglosigkeit zu Frustrationen bei den Patienten führen. Lipödeme sollten aber unbedingt fachgerecht behandelt werden, um eine Progression − das heisst ein Fortschreiten in Form und Grösse sowie die Ausbildung eines zusätzlichen Lymphödems − zu vermeiden. Lipödeme sind nicht nur ästhetisch von Bedeutung, sondern medizinisch behandlungsbedürftig. Aus diesem Grund gehört die Behandlung von Lipödemen grösstenteils zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen.

Behandlung

Die Behandlung des Lipödems sollte stadiengerecht in Absprache mit den Wünschen und Bedürfnissen des Patienten erfolgen. Unbedingt sollte hierbei auch das klinische Stadium der Erkrankung beachtet werden. Die Behandlung setzt sich aus Präventionsmassnahmen, dem Einsatz von Medikamenten, nicht invasiver Therapie und operativen Massnahmen zusammen.

Vor jeder Therapie muss unterschieden werden, ob die Beschwerden, das Erscheinungsbild oder möglicherweise sogar beides behandelt werden soll.